Apropos Kindheit:
Ich habe mir in den Sommerferien oft das alte orange Stoffzelt meine Vaters im Garten aufgestellt und wollte darin übernachten. Doch ich sage es gleich, es ist nie gelungen. Es wurde kalt und klamm oder ich hatte meinem kleinen Bruder und mir solche Angst gemacht mit meinen Geschichten, dass wir uns ins Haus flüchteten. Trotzdem versuchte ich es immer wieder, mit den alten, muffig stinkenden Armeedecken in grau-grün haben wir uns ein gemütliches Schlaflager richten wollen …
„Du warst schon immer ein Draußen-Monster“, sagt meine Freundin. Stimmt. Ich hatte immer Sehnsucht nach der freien Natur und eine latent immer vorhandene Wohnungsflucht. Im Raum, indem ich schlafe, möchte ich immer auch etwas von der lebendigen Natur draußen spüren, zum Beispiel durch eine geöffnetes Fenster.
Das Rauschen des Windes,
eine Nachteule.
Regentropfen,
die frische der Nachtluft,
das ferne Bellen eines Rehs im Auetal…
Der Lebendigkeit der Natur, des Draußens, habe ich mich schon immer verbunden gefühlt.
Vielleicht spüren andere Menschen dasselbe in ihrer Familie. Mein Zuhausegefühl war in der Natur, schon als Kind durchstreifte ich die Wälder rund um mein geliebtes Auetal, stieg in jedes Wasser, wenn es die kühlen norddeutschen Sommer erlaubten. Alles wäre wunderbar gewesen, hätte meine Liebe nicht einen mächtigen Gegenspieler gehabt! Die Angst.
Allen voran Angst im Dunkeln, aber auch Angst vor anderen Menschen, besonders Fremden. Eine zeitlang auch vor Hunden. Alles zusammen erschwerte mir die Aufenthalte in der Natur, wo Spaziergänger mit Hunden, genauso wie Naturschutzgebietbesucher, Angler, Jäger und Landwirte auftauchen konnten. Aber die Tatsache, dass ich nicht schlafen konnte, weder draußen noch drinnen, machte mir die Erfüllung meiner Sehnsucht unmöglich. Ich schlief sehr schwer ein, wenn überhaupt. Sogar in meinem eigenen sicheren Bett brauchte es Stunden bis ich endlich in einen leichten Schlaf fiel, der bei den geringsten Geräusch (mein Bruder dreht sich auf die andere Seite, das Bettzeug raschelt etc.) unterbrochen wurde und dann begann das Spiel von vorn. Aber mein Schlaf und ich sollen hier nur am Rande Erwähnung finden, denn das ist ein eignes und nicht gerade einfaches Thema, das einen eigenen Artikel verdient.
Ich habe so weit ausgeholt, um das Ausmaß der Glückseligkeit ansatzweise zu beschreiben, die ich empfinde wenn ich in meinem Baumzelt erwache. Es ist warm und es wird kein Regen erwartet, daher habe ich den Regenüberzug, das RainFly vom Zelt genommen. Der Mond scheint durch die Kiefer, an der ich festgemacht habe und der Morgenstern zwinkert mir ein erstes aufmunterndes Hallo des herannahenden Tages. Sanft schwingt der Boden als ich mich auf den Rücken drehe, es wiegt mich, beim Anblick der letzten Sterne im schon heller werdenden Nachthimmel, gleite ich noch einmal glücklich in den Schaf hinüber.
Als ich schließlich endgültig wach werde, ist es schon hell, ich blinzele in milchiges August-Morgen-Licht. Ich strecke und rekele mich, atme die Morgenfrische, die mich in meinem Baumzelt natürlich liebkost. Ich schlafe so gut und bin so viel erholter und wacher nach einer Nacht draußen.